Rassegeflügelzüchterverein Doberlug-Kirchhain
OT Kirchhain 1909 e.V.


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Wieviele Greifvögel braucht die Natur?

Ob man sich als Spaziergänger oder Autofahrer durch die Landschaft bewegt, überall sieht man immer mehr Greifvögel. Die Geflügelhalter oder Züchter spüren diese Tatsache immer deutlicher durch kontinuierlich größer werdende Verluste in ihren Tierbeständen. Da alle heimischen Greife unter Naturschutz stehen, hat sich die Populationsdichte doch wesentlich erhöht und so wird der Druck auf freilaufendes oder freifliegendes Hausgeflügel immer stärker.
Durch das Bundesnaturschutzgesetz § 20 f ist es strikt verboten, Greifvögel zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Entwicklungsform zu beschädigen bzw. zu zerstören. In der nachgeordneten Verordnung zum Schutz wildlebender Tier- und Pflanzenarten, also in der für den Bürger gültigen Gesetzesausführung, wird unter § 13 geregelt, daß Greifvögel weder nachgestellt, angelockt, geschweige denn gefangen oder getötet werden dürfen. In dieser Hilflosigkeit ist auch der letzte Taubenzüchter mit Freiflugambitionen gezwungen, seinen gefiederten Lieblingen die Freiheit zu nehmen und sie einzusperren. Dies ist zur Zeit die einzigste Möglichkeit, eine Taubenzucht zu betreiben. Aber was wird dann, wenn alle Geflügelhalter ihre Tiere nicht mehr als Greifvogelfutter zur Verfügung stellen? Wovon leben dann diese Greife? Literatur über Greifvogelnahrung, vor allem wie, was und wie oft diese jagen, gibt es sehr wenig. Deshalb ist es notwendig, die Öffentlichkeit darüber zu unterrichten. Außerdem sollte die Frage nach den Folgen eines uneingeschränkten Schutzgesetzes gestellt werden.
Anhand der Lebensweise des Habichtes soll dieses Problem einmal verständlich dargestellt werden. Der Habicht ist einer der größten europäischen Greifvögel, ausgenommen natürlich der Adler und die südeuropäischen Geier. Wer nicht ganz so versiert ist oder oberflächlich hinsieht, könnte ihn von der Größe her mit dem Bussard verwechseln, nur wirkt der Habicht insgesamt schlanker. Dagegen unterscheidet er sich im Flugbild vom Bussard durch den viel längeren Schwanz und die kürzeren, abgerundeten Flügel. Der Habicht gleicht mit seinen bräunlichen Längsstreifen einem übergroßen Sperber, welcher Querstreifen auf der fast weißen Brust trägt. Auf seiner Jagd kann der Habicht zwar ein hohes Tempo entwickeln, aber dies nicht allzulang durchhalten. Deshalb umfliegt er gewandt enge Hindernisse und nutzt dabei jede Deckung, wenn er über den Boden mit hoher Geschwindigkeit seine Beute anfliegt. Als Überraschungsjäger werden auch für ihn Wohngebiete mit Gärten zum idealen Jagdrevier und selbst gesunde und leistungsstarke Brieftauben werden das Opfer bei einem aus der Deckung auftauchenden Greifes. Es ist für ein Habichtspaar in der heutigen Zeit nicht immer einfach, sich das ganze Jahr die nötige Nahrung zu sichern. Die Zusammensetzung der Beute richtet sich nach dem örtlichen Angebot entsprechend auch der Jahreszeit. Das kleinere Männchen, ca. 700 g, jagt vorrangig kleinere Vögel bis zur Haustaube. Das Weibchen ist aufgrund ihres größeren Körpers, ca 1100 g, auch in der Lage, Kaninchen und Hühner zu schlagen ( deshalb im Volksmund auch Hühnerhabicht genannt ).
In der Literatur wird wohl darauf hingewiesen, daß Habichte die Populationsdichte von Elstern und Rabenvögeln begrenzen könnten, Beobachtungen haben aber ergeben, daß z.B. Krähen den Habicht angreifen und ihm das Beutetier sogar abjagen. Habichte jagen fast ausschließlich Vögel. Der Beutebedarf einer mittelgroßen Habichtfamilie während der Nestlingszeit liegt etwa bei 60 - 70 Kilogramm ( ca. 35 Tage Brut und 70 Tage bis zur Selbstständigkeit der Jungtiere ). Für den Rest des Jahres werden nochmals ca 40 - 50 kg erjagt. Man muß sich diesen Beutebedarf einmal bildlich vorstellen. Wieviel Beutetiere sind das jährlich? Wieviel Meisen, Amseln, Finken u.s.w. sind das? Rebhuhn und Fasan sind in der freien Natur schon ausgestorben, wobei der Habicht einen nicht zu unterschätzenden Anteil daran hat. Am derzeitigen geringen Amselbestand ist schon zu erkennen, welche Vogelart die nächste sein wird, die durch Greifvogeleinwirkung bedroht ist. Die Haustaube ist zur Zeit, vor allem im Winter, eine wesentliche Nahrungsquelle des Habichts.
Durch Befragung der Taubenzüchter in der Umgebung kam ich auf jährlich über 250 Tauben, wobei 46 Tiere aus eigenem Bestand durch Greifvogeleinwirkung verloren gingen. Dieses ist ungefähr der jährliche Nahrungsbedarf eines Habichtpaares. Diese 250 Tauben könnten auch 250 Rebhühner oder Fasane sein, 1000 Amseln oder 2000 Meisen. Wieviel Insekten-, Larven- und Käferschädlinge würde es dann mehr geben? Wieviel Gift würde wiederum eingesetzt, um das Gleichgewicht der Natur wiederherzustellen? In dieser Nahrungskette steht der Greifvogel ganz oben. Der einzigste Feind ist der Mensch und von dem wird er laut Gesetz uneingeschränkt geschützt. Die Vermehrung der Greifvögel liegt deshalb allein im Futterangebot und deren erfolgreicher Jagd. Der Gesetzgeber kann doch eine Tierart nicht nur unter Schutz stellen und dabei andere Tierarten stark gefährden. Forderungen an Lebensraum und an die Nahrungskette sind doch dazu die erforderlichen Voraussetzungen. Die Vernunft der Menschen und das reale Denken zur Natur müßte doch heute soweit entwickelt sein, daß man die Natur nur als Ganzes betrachten kann und nur gemeinsam die Probleme im Interesse der Allgemeinheit lösen muß. Hierbei sind die Behörden des Naturschutzes, der Landschaftsgestalter sowie der Jagdvereine besonders gefragt und eine Zusammenarbeit dieser unbedingt notwendig. Brachflächen sind z.B. nicht immer geeignete Lebensräume. Die bereitgestellten Mittel dafür könnten zur Schaffung von anderen Lebensräumen, wie Buschwerk und Hecken, genutzt werden. Selbst ein Stück nicht aufgeräumter Wald kann schon idealer Lebensraum für bestimmte Tiere in dieser Nahrungskette sein. Wenn man in die Nahrungskette auch noch die anderen Greifvogelarten, wie Sperber und die verschiedenen Falkenarten einbezieht, dazu die Bestandsverhältnisse berücksichtigt, so ist unschwer zu erkennen, daß eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden muß. Dort müßten Vermehrungsgrenzen sowie Schutz- und Lebensräume festgelegt werden. Es müssen Fangerlaubnisse ermöglicht werden, wenn sich Greifvögel auf Hausgeflügel spezialisiert haben. Das Aussetzen von Greifvögeln aus privater Aufzucht oder aus Tiergärten muß nachweis- und genehmigungspflichtig sein. Für einen Falkner sollten analoge Bedingungen gelten.
Um eine Gesetzesänderung zu erreichen ist es aber auch notwendig, daß alle Geschädigten von Greifvögeln bei den Behörden, wie kreisliche Umweltämter, Forderungen stellen. Auch alle Bürger sollten über die aufgeführte Problematik nachdenken und aktive Unterstützung leisten. Den Taubenzüchtern wird empfohlen, ihren Tauben von Mitte Oktober bis Mitte April keinen Freiflug zu gewähren ( möglichst Volierenhaltung ), um die Taube als Hauptnahrung der Greife konsequent für diese Zeit zu entziehen. Damit ensteht wohl ein starker Druck auf den verbleibenden Vogelbestand, aber auch auf die Verehrer der Greifvögel und deren unrealistischem Greifvogelschutzgesetz.

gez. Lothar Neubert
Doberlug-Kirchhain



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